Samstag, Mai 03, 2008

Bier mit Aprikosensirup aus Paris

Als ich neulich die Rue Saint Denis hinauf lief, um mich mit einem Freund auf ein Bier in der Cordonnerie zu treffen, fand ein vom Regen durchtränktes Couvert. Ich nehme gerne weggeworfene, vergessene oder verlorene Dinge auf, so tat ich dies auch mit diesem. Ich öffne das Couvert:

„Hallo meine liebe Salomé

Ich weiss, ich hätte mich schon früher melden sollen, aber irgendwie bin ich nicht dazu gekommen. Du weißt ja wie das ist, wenn man in einem fremden Land ist und man sich zuerst mal zurecht finden muss, als du damals in Finnland gewesen bist.

Paris ist ja nicht so weit von Zürich entfernt, irgendwie gleich, aber doch anders. Die Strassen sind hier auch überfüllt von Karossen. Nur sind sie hier nicht alle weniger als zehn Jahre alt und wenn man am Wochenende in die banlieues fährt – das ist sozusagen die Agglo – , sieht man die Leute nicht die Autos duschen und polieren. Die haben hier auch Jugos, nur heissen die hier blacks oder bicots, was ursprünglich ein Wort aus dem Arabischen war und einen Lastenesel bezeichnete, oder reubeu, die Verlan-Form für Arabe. Die scheinen hier sowieso irrsinnigen Spass zu haben mit der Sprache zu spielen aus femme wird meuf und mère wird zu reum. Und wenn einem dann mal die tromé (métro) zu relou (lourd=lästig) wird, werde ich völlig ouf (fou=verrückt). Aber hier scheinen sogar die Politiker völlig ouf zu sein. Der kleine mit Pornobrille ausgestattete Président de la République lässt des Öfteren seiner Zunge freien Lauf, wie der neue Président de la SVP. „Casse-toi, pauvre con!“, trifft auf „Wir Schweizer sind immer mehr die Neger!“

Ach ja, kürzlich war ich in ’ner Kneipe mit ’ner Studienkollegin. Die hat dann kein Gsprützte Wiisse oder Panaché bestellt, sondern ein Bier mit Aprikosen-Sirup drin. Das wär doch was für dich, nicht?

Mein Stift gibt den Geist auf! Ich meld mich bald wieder. Alles Gute, Stefan“

Mittwoch, Februar 20, 2008

Frischer Wind in Pariser Kneipen

Wer von euch hat’s sich selbst nicht auch schon mal geschworen, auch wenn nicht laut ausgesprochen oder kennt irgendjemanden der sich das vorgenommen hat und nicht durchgezogen hat – das Aufgeben des Rauchens. In unzähligen Studenten-WG’s hab ich schon Alan Carr’s Bestseller „Endlich Nichtraucher“ gesehn. Mein Mitbewohner hat das Buch schon viermal gelesen und jedes Mal auch tatsächlich aufgehört zu rauchen. Dafür ist sein Cannabis-Konsum gestiegen und weil die homegegrowten Grasreserven mal irgendwann aufgebraucht waren, musste harter Hasch her. Zufrieden aber doch unzufrieden sitzt er da aufm Sofa und greift zum Tabak um sich seinen Pétard zu drehn. Er hatte dem Zeugs doch abgeschworen. Tabak, so sagen uns die Gutmenschen, Neo-Ökos (wegen den zusätzlich verursachenden Feinpartikeln in der Luft) und Nicht-Raucher, schädige nicht nur die eigene Gesundheit – Hast du denn die die Lungenbilder von Rauchern im Netz gesehn? In Südamerika drucken die sogar solche Fotos auf die Zigipäcklis! – sondern vor allem auch die Gesundheit der Mitmenschen.

Neulich in der Bretagne. Ein kalter Wind trägt feuchte salzhaltige Luft vom Meer heran Luft, Nebel wird zu Nieselregen, dunkle Gestalten huschen vorbei in den Gassen und verschwinden schnell in der nächsten kleinen Türe. Um einen anderen Geschmack als Salz in den Mund zu bekommen, verkriech ich mich auch in eine Kneipe auf ein lauwarmes Leffe. Fischer und Dorfbewohner sind am Comptoir. Alles scheint völlig normal und alltäglich. Feierabendbier vor dem Nachhausegehen. Doch irgendwas ist anders. Seit Neujahr hat der Staat dem Bürger beim Aufhören des Rauchens nachgeholfen. Flächendeckendes Rauchverbot, nicht nur in allen öffentlichen Bauten wie bei uns, sondern in allen Kneipen, Bars, Restaurants und Discos. Es ist ein trauriges Bild im „Les Embruns“ in Concarneau. Anstatt Zigarettenrauch, riecht man jetzt abgestandenes Bier und den Schweiss der Arbeiter.

Ich denke an die unzähligen französischen Filme mit de Funès, Bourvil oder Gabin der 60er Jahre wo Zigarettenrauch das Bild der Pariser Bars geprägt hat. Kann man sich Lino Ventura ohne eine „clope“ vorstellen? Ich kann das Geschwärme meiner nicht rauchenden Mitstudenten nicht mehr hören, die sagen, dass das doch ein super Gesetz sei, man stinke nach dem Ausgehen nicht mehr nach Rauch, es sei doch viel angenehmer bla bla bla. Dann hört doch auf in Bars zu gehen, setzt euch zu Hause vor den Fernseher und schaut „Gesundheitssprechstunde“, aber lasst mich mit eurem Gesundheitsdiktat in Ruhe! Verbietet doch auch noch den Alkohol, der ist auch überaus schädlich. Und wenn wir grad dabei sind: Ich beantrage ein absolutes Fleischverzehrverbot. Wisst ihr wie viele Tiere erbärmlich krepieren wegen unserem täglichen Bedürfnis nach Fleisch? Und lässt die Fettleibigkeit nicht auch die Krankenkassenprämien in die Höhe steigen? Was darf’s als nächstes sein Madame Gesundheitsministerin Bachelot?

PS: Das Lied der Ausgabe kurz und selbsterklärend: M mit „Je suis une cigarette“.